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Spitzenverbände befürworten Agrarwende

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Nach einjährigem Ringen legen die Verbände der Landwirtschaft und Umwelt heute ein gemeinsames Grundsatzpapier über die Zukunft der Landwirtschaft vor. Das Papier verdeutlicht auch, dass die scheidende Bundesregierung ihren Zielen beim Bienen- und Insektenschutz nicht gerecht geworden ist.

Mit ihrem heute veröffentlichten Abschlussbericht setzt die Zukunftskommission Landwirtschaft ein wichtiges Zeichen an die Politik und Gesellschaft. Erstmals haben sich führende Verbände aus den Bereichen Landwirtschaft, Wirtschaft, Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz sowie Wissenschaft im Auftrag der Bundesregierung über eine gemeinsame Zukunftsvision für unsere Ernährungssysteme verständigt.

Die Aurelia Stiftung begrüßt, dass die 31 Mitglieder der Zukunftskommission die Notwendigkeit einer nachhaltigen „Transformation der Landwirtschaft“ in ihrem Bericht klar anerkennen. Sie betonen, dass die deutsche Landwirtschaft jährlich Umweltkosten in Höhe von 90 Milliarden Euro verursache – etwa durch klimaschädliche Emissionen, die Verschmutzung von Luft und Grundwasser und den Verlust an Artenvielfalt. In vielen wichtigen Punkten, zum Beispiel bei den Themen Tierwohl im Stall, Klimaschutz, Gentechnikfreiheit oder der Stärkung regionaler Wertschöpfungskreisläufe, hat sich die Kommission zu erfreulichen Standpunkten und Empfehlungen durchgerungen.

Bericht spart Bienen- und Insektensterben weitgehend aus

Umso bedauerlicher ist es, dass sich in dem Bericht zwar viel über das Wohl von Schweinen, Rindern und Hühnern wiederfindet, nichts jedoch über das Wohl von Honig- und Wildbienen. Ausführungen zur Mitverantwortung der Landwirtschaft am Insektensterben oder konkrete Lösungsansätze für einen verbesserten Insektenschutz auf dem Acker sucht man vergeblich in dem 187 Seiten langen Bericht. Die Imkerei als integraler Bestandteil der Landwirtschaft wird nur in einem Nebensatz erwähnt. Imkereiverbände hatten im Vorfeld vergeblich angemahnt, dass niemand von ihnen in die Kommission berufen worden war.

Entsprechend vage bleiben auch die Aussagen des Berichts beim Thema Pestizide. Zwar wird empfohlen, Umweltbelastungen durch synthetische Pestizide und Düngemittel zu reduzieren und „mittelfristig“ auf einen „adäquaten Ersatz“ dieser Stoffe hinzuwirken. Konkrete Ziele, wie und bis wann der Chemieeinsatz auf dem Acker wirksam reduziert werden soll, formuliert die Kommission allerdings nicht. Auch eine Weiterentwicklung der Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln wird empfohlen, ohne jedoch näher auf die gravierenden Mängel der aktuellen Zulassungsprüfungen und die daraus resultierenden Gefahren für Bienen und Umwelt einzugehen. Statt auf eine strengere Pestizidregulierung zu pochen, die sich konsequent am Insektenschutz ausrichtet, setzt die Zukunftskommission vornehmlich auf technologische Innovationen wie etwa präzisere Spritztechnik und Digitalisierung, die einen effizienteren Einsatz von Pestiziden ermöglichen sollen.

Ungemachte Hausaufgaben der scheidenden Bundesregierung

Der Veröffentlichungstermin des Berichts so kurz vor der politischen Sommerpause und der Bundestagswahl im September ist ebenfalls bezeichnend. Die Kommission wurde erst im Sommer 2020 von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einberufen. Viel zu spät, wie vielfach kritisiert wurde. Die Vorschläge der Kommission werden auf die aktuelle Regierungspolitik keinen Einfluss mehr nehmen. Im besten Fall können sie der neu gewählten Bundesregierung im Herbst als Leitfaden für ihre Agrar- und Umweltpolitik dienen.

„Angesichts der sehr unterschiedlichen Interessenlagen innerhalb der Zukunftskommission Landwirtschaft verwundert es nicht, dass die Verbandsfunktionäre verbindliche Konkretisierungen weitgehend vermieden oder unter Finanzierungsvorbehalt gestellt haben“, sagt Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung: „Für die Umsetzung der im Bericht skizzierten Agrarwende bedarf es nun dringend einer neuen Bundesregierung, die tatsächlich wirksame und verbindliche Verbesserungen für unsere Bienen und Bauernschaft gestalten möchte. Ohne ordnungsrechtliche Maßnahmen und eine gezielte Umsteuerung der europäischen Agrarförderpolitik wird es nicht gehen.“

Auf die neue Bundesregierung warten viele ungemachte Hausaufgaben. Besonders beim Thema Bienen- und Insektenschutz hat die scheidende Regierung ihre Versprechen nicht erfüllen können. Die hohen Erwartungen, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in ihrer Regierungserklärung („Was der Biene schadet, muss vom Markt“) geweckt hatte, wurden bitter enttäuscht. Das „Aktionsprogramm Insektenschutz“, das eigentlich eines der Prestigeprojekte dieser Bundesregierung sein sollte, wurde erst lange verschleppt und ist nun weitgehend verwässert worden. Ein ursprünglich angedachtes, bundesweit verbindliches Pestizidverbot in Schutzgebieten beschränkt sich nunmehr auf Glyphosat und wenige „biodiversitätsschädigende Insektizide“. Aus dem Ziel eines zügigen Glyphosat-Ausstiegs ist bestenfalls ein Auslaufen der Zulassung bis 2024 geworden. Auch auf europäischer Ebene wurde unter dem Vorsitz Deutschlands eine bedeutende Chance verpasst, die gemeinsame Agrarpolitik der EU in den kommenden sieben Jahren auf einen konsequenten Reformkurs zu steuern. Stattdessen wurde das schädliche System der Flächenprämien weitgehend fortgeschrieben.

Diese Pressemitteilung ist auch als PDF-Download verfügbar.

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