Die Aurelia Stiftung finanziert für drei Jahre die Stelle des wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Samuel Boff sowie Sachmittel für sein Projekt „Diversität und Reproduktion von Solitärbienen auf ökologischen und konventionellen landwirtschaftlichen Betrieben“. Das Projekt wird innerhalb der Arbeitsgruppe des renommierten Bienenforschers Prof. Manfred Ayasse von der Universität Ulm umgesetzt.
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Ihr Beitrag ermächtigt die Aurelia Stiftung, sich weiter wirksam für gesunde Bienen und Artenvielfalt einzusetzen.
Das Forschungsprojekt
Pheromone sind chemische Botenstoffe, die Lebewesen aussenden, um das andere Geschlecht anzulocken. Diese Pheromone befinden sich bei Insekten auf der sogenannten Kuticula. Wie eine feste Rüstung umgibt die Kuticula das Insekt und verhindert das Austrocknen an Land. Dr. Boff konnte bereits zeigen, dass sich die Duftstoffe auf der Kuticula von Wildbienen verändern, wenn die Tiere mit Pestiziden in Kontakt kommen. Es ist bekannt, dass insbesondere auch Neonicotinoide die Pheromonproduktion vieler Insekten beeinflussen, z.B. von Schlupfwespen oder Meerrettich-Blattkäfern. In bisherigen Experimenten bestätigte sich, dass die Pestizide nicht nur das Paarungsverhalten stören. Auch die Anzahl der Spermien verringert sich bei den männlichen Wildbienen, sobald sie in Kontakt mit Neonicotinoiden kamen.

Das Forschungsprojekt besteht aus zwei Experimenten:
Experiment 1:
Es werden Testflächen auf insgesamt 10 Höfen untersucht. Von den 10 Höfen werden 5 Bio-Höfe nach Demeter-Richtlinien und 5 Höfe nach konventionellen Anbaumethoden bewirtschaftet. Auf den bewirtschaften Testflächen befinden sich Nestfallen mit Schilfröhrchen, in denen Wildbienen nisten können. Anhand der von Wildbienen bezogenen Nestfallen soll sowohl die Artenvielfalt als auch die Anzahl der Wildbienen pro Fläche (die Abundanz) für die verschiedenen Standorte berechnet werden.
Experiment 2:
Anhand ausgewählter Arten vergleicht Dr. Boff im Labor einzelne Aspekte des Fortpflanzungsverhaltens. Wie ist die Pheromon-Zusammensetzung auf der Körperoberfläche der Wildbienen, die er auf den unterschiedlichen Standorten gefangen hat? Unterscheidet sich das Geschlechterverhältnis der gefangenen Wildbienen zwischen den Bio-Flächen bzw. den konventionellen Flächen? In Verhaltensversuchen testet er zusätzlich die Reaktion weiblicher Wildbienen auf unbehandelte Männchen bzw. Männchen, die zuvor mit Pestiziden in Kontakt kamen.
Die Daten beider Experimente werden statistisch im Kontext der landschaftlichen Gegebenheiten analysiert, um den Einfluss kombinierter Faktoren (z.B. das Blühangebot oder die Art der Landschaftsnutzung) auf die Artenvielfalt und Gesundheit der Wildbienen zu beurteilen.
Ausblick
Studien wie die von Herrn Dr. Boff sind extrem wichtig, um zu verstehen, wie Unterschiede in den Bewirtschaftungsformen das Leben der Wildbienen beeinflussen. Die aktuellen Daten dieser Studie verbessern die angemessene Bewertung des biologischen und biologisch-dynamischen Anbaus gegenüber dem konventionellen Anbau. Erst anhand solcher Ergebnisse können wir seitens der Aurelia Stiftung mit unseren Partner*innen erfolgreich für die Berücksichtigung von subletalen Effekten der Pestizide auf Wildbienen beim Zulassungsverfahren von Wirkstoffen (Verfahren bei EU-Institutionen) und der Genehmigung von Pestizidprodukten (Verfahren bei EU- Mitgliedsstaaten) eintreten. Bisher werden solche Effekte nicht untersucht!
Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie soll ein nicht-letaler Test entwickelt werden, bei dem ein Abstrich der Kutikula genommen und dessen chemischer „Fingerabdruck“ in einem standardisierten Verfahren bestimmt werden kann. Solch ein Testverfahren wäre das erste seiner Art und ein wichtiger Schritt, um die Artenvielfalt von Bestäubern auf landwirtschaftlichen Flächen besser schützen zu können. Als starker Förderpartner des Projekts konnte erfreulicherweise die Software AG Stiftung (SAGST) gewonnen werden.
Eine aktuelle Forschungspublikation von Dr. Samuel Boff zum Paarungsverhalten der Wildbienenart Heriades truncorum (Megachilidae: Osminii) finden Sie hier.