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Demokratie wirkt: „Bienen und Bauern retten!“ erreicht das Zentrum der Macht

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Es war ein wichtiger Termin im Zentrum der Macht der Europäischen Union: Johann Lütke Schwienhorst von der Aurelia Stiftung diskutierte am Freitag, 25. November, in Brüssel gemeinsam mit anderen Organisator*innen der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ mit der Vizepräsidentin der EU-Kommission Věra Jourová und Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Es ging um die Forderungen von mehr als einer Million Menschen aus der EU, den Einsatz von Pestiziden bis spätestens zum Jahr 2035 auf Null zu bringen.

1,1 Millionen Menschen und ein Bündnis aus mehr als 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen sind sich einig: Sie wollen nicht mehr hinnehmen, dass die Chemie- und Agrarindustrie den Bienen und den Landwirt*innen schadet. Sie alle hatten die Forderungen der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ unterstützt und die EBI damit zur siebten erfolgreichen Kampagne dieser Art gemacht.

Viele Menschen in der Europäischen Union verstehen, warum Pestizide schädlich sind. Der Ausstieg aus ihrer Verwendung in der Landwirtschaft bis 2035 ist eine der wesentlichen Forderungen der EBI. Weitere sind Maßnahmen zur Wiederherstellung verlorener Artenvielfalt in ländlichen Gebieten und die Unterstützung der bäuerlichen Betriebe in Europa bei der Umstellung auf ökologische Anbaumethoden.

Bedrohliche Lage für Imker*innen in der EU

Die EBI ist ein wichtiger Bestandteil der partizipativen Demokratie in der Europäischen Union. Die Unterzeichnenden können die EU-Kommission und auch das EU-Parlament damit auffordern, ihre Forderungen zu diskutieren. Das Treffen mit EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides und Věra Jourová, EU-Kommissarin für Werte und Transparenz, war daher ein wichtiger Meilenstein für die Initiative.

Constantin Dobrescu zeigte als rumänischer Imkerverbandsvertreter die bedrohliche Lage für Bienen und Imker*innen in Rumänien und anderen EU-Staaten auf. Annemarie Gluderer betonte als wirtschaftlich schwer pestizidgeschädigte südtiroler Biobäuerin, dass es keine Koexistenz zwischen pestizidgestützter Landwirtschaft und der ökologischen Nahrungsmittelproduktion geben kann. Auf gesundheitliche Gefahren durch Pestizide wies mit viel Nachdruck die griechische Wissenschaftlerin Dr. Polyxeni Nicolopoulou-Stamati hin.

Pestizidreduktion: Aktuelles Ziel stark unter Beschuss

Drei Jahre nach Kampagnenstart hat die EBI keineswegs an Aktualität verloren. Pestizidreduktionsziele, Glyphosatausstieg und Umbau der Landwirtschaft waren zwar immer wieder in der politischen Debatte, passiert ist aber praktisch nichts. Der Glyphosatausstieg, politisch oft versprochen, wird nach alter Methodik verschleppt und steht wieder in Frage. Die letzte Bundesregierung hat den grundlegenden Umbau der EU-Agrarförderpolitik hin zu einer bienen- und bauernfreundlichen Landwirtschaft blockiert und damit auf die nächste Förderperiode verschoben.

Auch das von der EU-Kommission selbst eingebrachte Pestizidreduktionsziel von 50 Prozent bis 2030 ist zurzeit so sehr unter Beschuss der Industrielobby. So ist fraglich, ob es dieses Ziel überhaupt in die EU-Pestizid-Verordnung (SUR) schafft, die zurzeit von der EU-Kommission erarbeitet wird. Auch das war Thema bei dem Treffen in Brüssel. Die Vertreter*innen des EBI-Bündnisses betonten die Notwendigkeit, an den Pestizidreduktionszielen des Europäischen Green Deals festzuhalten, die in der so genannten Farm to Fork-Strategie festgelegt wurden. Eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 könne aber nur ein erster Schritt sein – nötig sei der zügige Komplettausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden.

Bündnisse für die Bienen bleiben wichtig

Die Kommissarin Kyriakides bekräftigte zwar die Pläne der Kommission, den Rückgang von Bienen und anderen Bestäubern umzukehren, indem biodiversitätsfördernde Strukturen wiederhergestellt werden und eine Reduktion des Pestizideinsatzes in der EU gesetzlich verankert wird. Doch zahlreiche Mitgliedsstaaten wollen das Ziel der 50-prozentigen Reduktion verwässern. 19 Mitgliedstaaten machen in einem sogenannten „Non-Paper“ Druck auf die EU-Kommission. Sie fordern eine „ergänzende Folgenabschätzung“ und spielen damit der Agrarlobby in die Hände. Sollte sich dafür im Rat eine Mehrheit finden, könnte die Verordnung um Monate verschleppt oder sogar ganz gekippt werden.

Es bleibt also wichtig, dass wir Menschen in Deutschland und der EU über die Gefährlichkeit und Risiken von Pestiziden für Bienen und auch für bäuerliche Betriebe informieren. Wichtig ist auch, dass wir in zivilgesellschaftlichen Bündnissen weiter Druck machen. Wir brauchen ein ehrgeiziges Pestizidreduktionsziel in der SUR und den schnellen Glyphosat-Ausstieg. Die ökologische und bäuerliche Landwirtschaft muss über die Instrumente der EU-Agrarförderpolitik gestärkt werden.

Die Anhörung bei der EU-Kommission und die Diskussion der EBI-Ziele zu Beginn kommenden Jahres im EU-Parlament sind wichtige Schritte auf dem noch weiten Weg zu einer gesunden Landwirtschaft. Am Verbot von Glyphosat und anderen für Bienen und Menschen gefährlichen Pestiziden darf kein Schleichweg vorbeiführen! Daran arbeitet die Aurelia Stiftung mit aller Kraft weiter.

Zum Hintergrund der EBI „Bienen und Bauern retten!“

Zum Vorschlag der EU-Kommission für eine „Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln“ (SUR, Sustainable Use Regulation)

Zur Rede der EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides an die Initiator*innen der EBI “Bienen und Bauern retten”

 

 

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