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EU-Kommission legt Gesetz zur Pestizidreduktion vor

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Die EU-Kommission hat mit einiger Verzögerung einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 rechtsverbindlich festschreiben möchte. Unsere erfolgreiche EU-Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ wird ausdrücklich in dem Gesetzentwurf erwähnt.

Bisher war Pestizidreduktion in der EU lediglich eine politische Absichtserklärung. Jetzt soll sie laut der EU-Kommission erstmalig per EU-Verordnung für alle Mitgliedsstaaten rechtsverbindlich werden. Die EU-Länder wären somit verpflichtet, den Einsatz von Pestiziden deutlich zu reduzieren. Bereits 2020 wurde die Halbierung des Pestizideinsatzes in der Farm-to-Fork-Strategie als Teil des „EU Green Deals“ von den europäischen Institutionen beschlossen, bislang aber kaum umgesetzt.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf der EU- Kommission zur verbindlichen Pestizidreduktion ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung! Unsere erfolgreiche EU-Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ wird im Gesetzentwurf ausdrücklich als Zeichen der wachsenden Besorgnis der Zivilgesellschaft gegenüber dem Einsatz von Pestiziden erwähnt.

Wir danken allen, die die Bürgerinitiative unterstützt und dadurch mitgeholfen haben, der Pestizidreduktion auf europäischer Ebene den Rücken zu stärken. Ohne den politischen Druck, den wir gemeinsam als europaweite Initiative erzeugen konnten, scheint es fraglich, ob die EU-Kommission sich überhaupt zu verbindlichen Reduktionszielen durchgerungen hätte. Allerdings reicht auch eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 nicht aus, um die Biodiversitätskrise zu stoppen. Mit unserer Bürgerinitiative gehen wir deshalb einen Schritt weiter und fordern einen schrittweisen Komplettausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden bis 2035. Wir halten eine Reduktion des Pestizideinsatzes um mindestens 80 Prozent bis 2030 für notwendig und umsetzbar!

Ohne Pestizidreduktion droht eine Nahrungskrise

Angesichts des Kriegs in der Ukraine und drohender Ernteverluste wurde die Veröffentlichung des Gesetzentwurfs um drei Monate verschoben. Bei der Veröffentlichung des Gesetzentwurfes warnte der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans jedoch ausdrücklich: „Ohne Pestizidreduktion droht eine Nahrungskrise!“. Damit sprach er sich klar gegen eine Abschwächung der Farm-to-Fork Strategie aus. Eine Verwässerung der darin gefassten Ziele könne langfristig die Grundlagen und Überlebensfähigkeit der europäischen Landwirtschaft zerstören, so Timmermanns.

Der Gesetzentwurf muss jetzt noch von dem EU-Parlament und dem EU-Rat angenommen werden. Das birgt das Risiko einer Verwässerung, kann aber auch Nachbesserungen ermöglichen. Diese sind aus unserer Sicht notwendig. Denn bisher gibt es kein Instrument, um den bisherigen Pestizideinsatz auf den Feldern Europas zu messen. Laut der Gesetzinitiative SAIO soll der Einsatz von Pestiziden ab 2028 einheitlich dokumentiert werden. Bislang gibt es nur lückenhafte Verkaufszahlen aus den einzelnen Mitgliedsländern. Ob die Halbierung bis 2030 damit sichergestellt werden kann, ist fragwürdig.

Ein entscheidender Mangel ist auch, dass die Mitgliedstaaten eigene nationale Ziele definieren sollen. Nur die EU als Ganzes ist somit verpflichtet, den Pestizideinsatz zu halbieren. Die einzelnen EU-Staaten müssen lediglich mindestens 35 Prozent als Reduktionsziel festschreiben. Das soll den unterschiedlich hohen Pestizidverbrauch der Länder und die unterschiedlichen Fortschritte in der Pestizidreduktion ausgleichen. Klar ist schon jetzt: eine EU-weite Halbierung von Pestiziden wird so kaum erreicht werden können.

EU rechnet sich eigene Reduktionsziele schön

Um den Fortschritte bei der Pestizidreduktion zu berechnen, soll ein Indikator (HR1-Indikator) verwendet werden. Dieser wird schon lange von Umweltschutzorganisationen und dem europäischen Rechnungshof als ungeeignet erklärt und sollte dringend überarbeitet oder durch ein besseres Modell ersetzt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Umsetzung der geplanten Pestizidreduktion steckenbleibt und schön gerechnet wird.

Begrüßenswert ist, dass chemisch-synthetische Pestizide in ökologisch wertvollen Gebieten wie Schutzgebieten und an Orten wie öffentlichen Parks, Wegen und Grünanlagen verboten werden soll. Auch an Orten, wo sich vermehrt besonders „gefährdete Personengruppen“ wie Schwangere oder Kinder aufhalten, sollen künftig keine Pestizide mehr eingesetzt werden dürfen.

Die Vertreter*innen unserer Bürgerinitiative haben ein ausführliches Feedback zu dem Gesetzvorschlag erarbeitet, dass Sie hier in voller Länge nachlesen können.

Wir werden mit unseren europäischen Partner*innen auch weiterhin politisch Druck machen und uns für eine pestizidfreie, bienenfreundliche Landwirtschaft in Europa einsetzen. Wir freuen, wenn Sie uns dabei weiter unterstützen!

 

 

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