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Glyphosat im Honig: Schadensersatzfrage weiter offen

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Im Glyphosat-Schadensfall der Brandenburger Imkerei Seusing gibt das Landgericht Frankfurt (Oder) Hinweise auf seine vorläufige Bewertung des Falles. Der Prozess wird nach einer weiteren Terminverschiebung nun am 29. November fortgeführt.

Der Brandenburger Imker Sebastian Seusing muss weiter auf eine Klärung seines Schadensersatzanspruchs warten. Der zuständige Richter kündigte an, am 29. November 2021 weitere Zeugen anzuhören, bevor er ein Urteil in dem Fall sprechen wird. Laut des Pressesprechers des Landgerichts ist ein Urteilsspruch bis Anfang Dezember zu erwarten.

Imker musste tonnenweise Honig in der Müllverbrennung entsorgen

Seusing hatte seine Bienenvölker seit Mai 2018 an einem Waldrand im Landkreis Barnim aufgestellt. Im April 2019 fanden seine Bienen auf dem angrenzenden Feld einen reich gedeckten Tisch vor: Der Löwenzahn stand in voller Blüte. Der Pächter des Feldes, eine von niederländischen Investoren geführte Landwirtschaftsgesellschaft, besprühte den Löwenzahn mit Glyphosat, um das Feld für den Maisanbau vorzubereiten. Seusings Bienen sammelten daraufhin den mit Glyphosat belasteten Blütenpollen und Nektar, bevor der Löwenzahn nach zwei Tagen abstarb.

Anschließende Laboranalysen des Honigs ergaben, dass die zulässigen Rückstandshöchstmengen für Glyphosat bis zu 152-fach überschritten wurden. Seusing musste große Mengen seines Honigs entsorgen, weil dieser nicht mehr verkehrs- und verzehrfähig war. Aufgrund der wirtschaftlichen Schäden hat Seusing seinen Familienbetrieb mittlerweile aufgegeben. Zugleich klagte er auf Schadensersatz.

Hatte der Landwirt Kenntnis von den Bienenständen?

Eine erste Bewertung des Falles deutet sich im heutigen Beweisbeschluss des Gerichts bereits an: Das Gericht scheint davon auszugehen, dass Imker Seusing Schadenersatz verlangen kann, wenn der Landwirtschaftsbetrieb Kenntnis von den Bienenständen hatte und den Imker nicht vorab über den Glyphosat-Einsatz informiert hat.

Dr. Georg Buchholz, Anwalt von Sebastian Seusing, erklärt: „Solche Informationspflichten lösen das Problem nicht: Entscheidend ist, wer den Schaden verhindern muss. Der Landwirt, indem er kein Glyphosat auf blühenden Pflanzen ausbringt, oder der Imker, indem er dem Glyphosat-Einsatz ausweicht? Diese Frage muss geklärt werden. Wenn die Gerichte sie nicht klären, muss der Gesetzgeber Klarheit schaffen.“

Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung, kommentiert: „Ein Imker kann nicht wissen oder verhindern, dass ein Landwirt Glyphosat ausbringt. Es kann auch nicht von ihm verlangt werden, dass er alle Landwirt*innen im Umkreis über das Aufstellen seiner Bienenstände informiert und diese wieder entfernt, wenn die Landwirt*innen Pestizide ausbringen will. Das ist realitätsfremd, wenn man bedenkt, dass Bienen eine Fläche von über 30 Quadratkilometern befliegen. Letztlich kann die Rückstandsfreiheit des Honigs nur dann gewährleistet werden, wenn das Ausbringen von Pestiziden auf blühende Pflanzen grundsätzlich verboten wird.“

Der betroffene Imker Sebastian Seusing wird von der Aurelia Stiftung unterstützt. Er wird durch den Anwalt der Stiftung, Dr. Georg Buchholz von der Berliner Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll, juristisch vertreten.

Diese Pressemeldung ist auch als PDF-Download verfügbar.

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