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Pestizide schädigen Fortpflanzung von Wildbienen

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Im Sommer 2024 wurde das dreijährige Forschungsprojekt von Dr. Samuel Boff (Uni Ulm) mit zahlreichen hochrangig publizierten Ergebnissen erfolgreich abgeschlossen. Seine Arbeit wird insbesondere von der Software AG Stiftung und der Aurelia Stiftung gefördert. Im Fokus des Projekts stand der Vergleich von neun landwirtschaftlichen Flächen hinsichtlich des Blütenangebots, der Pollenversorgung und dem daraus resultierenden Vorkommen von Wildbienen. Die Flächen wurden von den ansässigen landwirtschaftlichen Betrieben entweder konventionell oder biodynamisch bewirtschaftet.

Den ersten Bericht der Aurelia Stiftung über das Projekt von Dr Boff finden Sie hier auf unserer Webseite. Im Folgenden haben wir eine kompakte deutschsprachige Zusammenfassung seiner Forschungsergebnisse nach Abschluss des Projektes erstellt. Den ausführlichen Bericht von ihm selbst finden Sie hier samt Publikationsliste auf Seite 10 (Stand 14. Mai 2024).

Dr. Samuel Boff fand deutliche Unterschiede zwischen konventionell und biologisch-dynamisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieben. Unter anderem, dass die Gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) auf den biodynamisch betriebenen Flächen eine deutlich höhere Reproduktionsfähigkeit zeigte. Hier legten die Mauerbienen in den Schilfröhrchen der Bienenhotels signifikant mehr Brutzellen an als ihre „konventionellen“ Artgenossen.

Im Labor konnte Dr. Boff zudem erstmals detailliert nachvollziehen, wie Pestizide das Paarungsverhalten von Wildbienen negativ beeinflussen und warum. Der Kontakt mit Fungiziden in unterschiedlichen Konzentrationen führte dazu, dass Osmia cornuta Männchen in der Partnerwahl häufiger von den Weibchen zurückgewiesen wurden, als nicht behandelte Individuen. Die pestizidbehandelten Männchen bildeten nicht nur weniger Kohlenwasserstoffe aus, die eine wichtige Rolle als Sexualpheromone spielen. Auch die Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffe veränderte sich. Und auch bei den Weibchen wirkte sich das Fungizid negativ auf die Reproduktionsfähigkeit aus.

Fünfjähriges Folgeprojekt in Deutschland und Brasilien

In einem fünfjährigen Folgeprojekt sollen die Untersuchungen in größerem Umfang fortgeführt werden. Der Fokus wird weiter auf der Frage liegen, inwieweit Pestizide die Fortpflanzung von Wildbienen beeinflussen. Beobachtungen im Feld an vergleichbaren Populationen sollen zudem zeigen, ob Pestizide Einfluss auf das Futtersuchverhalten, das Gedächtnis und die Kommunikation haben. Diese Feldversuche werden wieder vergleichend auf pestizidfreien ökologischen und konventionellen Apfel-Anbauflächen in Süddeutschland durchgeführt.

Die Kontakte von Dr. Boff zur Universität in Sao Paulo ermöglichen es, den Umfang der Untersuchungen erheblich auszuweiten. Die dortigen Wissenschaftler möchten die von ihm entwickelten Methoden, mit dem gleichen Versuchsaufbau wie in Deutschland, nun auch in Kaffeeplantagen nutzen. Diese Ausweitung der Untersuchungen auf einen weiteren Kontinent mit gänzlich anderem Klima und anderen Gattungen von wild lebenden Bienen erhöht den Stellenwert des Projektes in außerordentlichem Maße.

Stellenwert dieser Forschung

Die Forschungsarbeit ist darauf ausgerichtet, Schädigungen von Wildbienen durch Pestizide mit der Etablierung standardisierter, neuer Untersuchungsmethoden dokumentieren zu können. Solche sogenannten subletalen Effekte werden bisher nicht bei der Zulassung von Pestizidwirkstoffen berücksichtigt. Die Agrarchemie verkauft ihre Ackergifte bis sie verboten werden. Solange der politische Wille nicht da ist, solche unabhängige Forschung zu finanzieren, müssen wir zunächst in Vorleistung gehen. Nur wenn wir die Schäden zweifelsfrei aufzeigen können, ist die EU Kommission verpflichtet, einzugreifen und den Einsatz dieser Mittel zu unterbinden.

Erfreulicherweise haben die Untersuchungen schon in den ersten drei Jahren zweifelsfrei den ökologischen Vorteil von biodynamischer Bewirtschaftung gegenüber chemie-gestützter Landwirtschaft bestätigt. Diese Weisheit wird sich durchsetzen. Wir arbeiten daran und sind dankbar mit der hervorragenden Arbeit von Dr. Boff einen Beitrag dafür leisten zu können.
Bitte helfen Sie mit Ihrer Spendenfreudigkeit!

Headerfoto: Dr. Samuel Boff beobachtet stachellose Bienen im brasilianischen Kaffeeanbau

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