Bienen wirtschaften nachhaltig und suffizient. Sie sind stets bemüht, eine Lebensgrundlage für das gesamte Volk und die nachfolgenden Generationen zu sichern, nicht nur für sich selbst. Denn sie wissen, ans Ziel kommen sie nur gemeinsam. Von dieser Lebensweise kann der Mensch noch einiges lernen.
Für dieses Thema jetzt spenden!
Um uns für die Bienen wirksam einzusetzen, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.


Ein verselbstständigtes System
In den letzten 100 Jahren hat sich die Wirtschaft als eigenes System verselbstständigt. Befeuert wurde sie dabei, indem sie neben der Bedürfnisdeckung noch die Bedürfnisweckung als Geschäftsfeld entdeckte. Resultat dieser Entkoppelung von ihrer ursprünglichen Funktion war eine ungeheure Wachstumsdynamik, die nicht einmal vor den planetaren Grenzen haltmachen will. Auf einem endlichen Planeten gibt es aber auch nur endliche Ressourcen. Somit kann es schwerlich jenes dauerhafte Wachstum geben, welches als Prämisse zahlreicher Wirtschaftstheorien fungiert. Ein weiterhin ungehemmtes Wachstums- und Effizienzstreben wird unseren Planeten nur noch rascher ausbeuten. Denn effizientere Methoden in der Herstellung von Produkten führen nicht etwa dazu, dass dieselben Mengen mit ressourcenschonenderem Aufwand hergestellt werden. Im Gegenteil: Der Ressourcenverbrauch bleibt konstant auf hohem Niveau.
Auch in diesem Punkt liefern die Bienen Inspiration. Durch achtsames Verhalten in jeder Situation, an jedem Ort und in jeder Funktion ihrer Lebensphasen finden die Bienen als Gesamtorganismus ins Gleichgewicht des Nötigen, das als Suffizienz bezeichnet wird. Sie praktizieren eine ressourcen- und energieneutrale Kreislaufwirtschaft, die sich selbst versorgt. Als Gesamtorganismus stehen sie darüber hinaus in einem gedeihlichen Verhältnis zur Umwelt.
Die Bienen nehmen einander wahr und treten zu Tausenden miteinander in Beziehung, in einer für uns unvorstellbar differenzierten Art und Weise. Sie handeln lern- und anpassungsfähig auf Grundlage einer genetisch verankerten Intelligenz, die sich am Erfolg des Ganzen orientiert. Ohne die einzelnen Bienen gäbe es das Ganze nicht. Andersherum gibt es auch keine Honigbiene ohne ein Volk. Alleine kann weder die Arbeiterin noch der Drohn und ebenso wenig die Königin existieren. Deswegen leben die Bienen nicht nur miteinander, sondern auch füreinander.

Die Suffizienz der Bienen
Unser heutiges Verständnis von Wirtschaftswachstum und Erfolg bedarf einer Hinterfragung. Die Erhöhung des Bruttosozialproduktes (BSP) und des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werden als Indikatoren für das Versorgungsniveau der Bürger*innen mit Dienstleistungen und Gütern gesehen, wobei ein Wachstum der Wirtschaft in diesem Sinne nicht zwangsweise auch Indikator für mehr Zufriedenheit, Wohlstand und Wohlergehen ist.
Insofern gibt es gute Gründe, sich vom suffizienten Lebensstil der Bienen inspirieren zu lassen. Sobald man zwar das Nötige, nicht aber das Glück im Materiellen sucht, eröffnen sich neue Horizonte und Lebensperspektiven. Denn anders als dem gegenständlichen ist dem geistigen Wachstum keine Grenze gesetzt. Anstelle des Bruttosozialproduktes wäre dann der Index für das Bruttonationalglück

die wichtigste Zahl im Lande, so wie es im südasiatischen Bhutan bereits seit der Jahrtausendwende gängige Praxis ist. Unter den sieben Dingen, die Menschen glücklich machen, findet sich nach einer Studie, die der britische Ökonomieprofessor Lord Robert Skidelsky durchführte, keine einzige materielle Sache: Gesundheit, Sicherheit, Respekt, Persönlichkeitsentfaltung, Harmonie mit der Natur, Freundschaften und Muße. Darum geht’s in Glücksdingen.
Das Unternehmen der Zukunft
Eine besonders sympathische Lehrstunde geben die Bienen mit einer Tugend, die man vom Volk der Honigproduzentinnen nicht erwarten würde. Erstaunlicherweise legen sie nämlich keinen Wert auf Perfektionismus. Von der Brutpflegerin bis zur Spurbiene macht jede einfach alles so gut es eben geht. Mit achtsamem Verhalten werden Schieflagen möglichst ausgeglichen, bei Defiziten wird aber nicht nach Verantwortlichen für den Missstand gesucht. Die Bienen begnügen sich mit dem Möglichen. Auch wenn viele dieser Aspekte im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang als Utopie gelten mögen, sind sie in modernen Unternehmen oft sehr gefragt. Die hierarchisch organisierten Riesen des Industriezeitalters stehen unter gehörigem Druck, sich umzustrukturieren.
Das Unternehmen der Zukunft ist für Peter Senge vom Massachusetts Institute of Technology eine lernende Organisation, die nicht auf die Spitzenleistung Einzelner baut. Vielmehr ist das Potenzial aller Beteiligten willkommen und Kontroverses ausdrücklich erwünscht. Im Unternehmens-Organismus wird das Team zu einem kreativen Organ, das innovative Leistungen in einem schöpferischen Prozess hervorbringt, weil es mit der Vision des Unternehmens verbunden ist. Und zwar nicht abstrakt, sondern als kraftvolle persönliche Erfahrung eines Ganzen. Das erfordert systemisches Denken und eine Transformation der Haltung aller Beteiligten. Aurelia ist überzeugt davon, dass die Bienen eine wunderbare Inspiration dafür sein können.